Vgl. die Einbindung dieser Themen in eine allgemeine, umfassende Theorie und systematische Philosophie (der Wirklichkeit) Christlicher Glaube und christliche Ethik unter Einbeziehung postmoderner Relativität, Kapitel 2.4.4.2.1..
1. Einführung in das Thema
2. Geschichte der queeren Emanzipation in Israel
3. Aktuelle Lage in Israel
4. Einzelne Bereiche
4.1. Tel Aviv
4.2. Jerusalem
4.3. Haifa
4.4. Be'er Sheva
4.5. Ramat Gan
4.6. Kfar Saba
4.7. Ra'anana
4.8. Israelische Armee
4.9. Konservative religiöse Gruppen
4.10. Reformjudentum
4.11. Sport
4.12. Arabische Lebenswelt
5. Vergleich mit der Situation in anderen Ländern des Nahen Ostens
6. Zusammenfassung
Man mag sich bei dem Artikel zuerst ganz grundsätzlich fragen, warum dieses Thema aus einer anderen religiösen Welt von Interesse sein soll.
Zum einen enthält schon die Gründungsurkunde des Staates Israel aus dem Jahre 1948 durchaus queerfreundliche, die „Gleichberechtigung der Bürger betonende“ Aussagen unter Bezugnahme auf die Bibel, genauer gesagt auf das Christen und Juden heilige Alte Testament(1).
Zweitens ist der Staat Israel mit 76% jüdischer Bevölkerung naturgemäß stark jüdisch geprägt, und es gibt eben eine Analogie zwischen Juden und Queers darin, dass sie sich nämlich in einer Minderheitensituation befinden(2). So sollten Queers eine gewisse Nähe und ein Interesse zum Judentum und auch zum Staat Israel (3) empfinden.
Nach Klärung dieser Frage wundert sich vielleicht der eine oder andere Leser des Weiteren über die Überschrift und fragt sich: Wieso eine israelische Lesbe, ein schwuler Israeli oder gar Dana International(4) (als israelische Transsexuelle) doppelt diskriminiert oder gar gehasst werden könnten..
Erstens bezieht sich die Diskriminierung auf deren queere sexuelle Orientierung, die immer noch bei einem nicht unerheblichen Teil der Weltbevölkerung auf Ablehnung stößt - und dies überdurchschnittlich oft in den meisten Lebenswelten des Nahen Ostens.
Innerhalb der homophoben Kreise sind die konservativ-orthodoxen Vertreter der drei abrahamitischen Religionen eine weitere, verschärfende Diskriminierungsquelle. In dieser homophoben Ablehnung sind sich die konservativen Vertreter dieser drei Religionen bei allem sonstigen Streit sehr einig. Da sie im modernen Israel vor allem in Jerusalem erhebliche (politisch-parlamentarische) Macht haben, hat deren Hass und Ablehnung dort erhebliche Auswirkungen(5).
Zweitens besteht eine vollkommen andere Diskriminierungsdimension darin, dass der Staat Israel und damit die Israelis aktuell - und nicht begründet - zu den unbeliebtesten Ländern(6) der Welt gehören(7).
Israel gehörte bis 1918 - wie der gesamte Nahe Osten - zum Osmanischen Reich. Dieses stelle seit 1852 Homosexualiät nicht mehr unter Strafe.
1923 wurde das Gebiet unter dem Namen "Palestine" Großbritannien als Mandatsmacht unterstellt. Aufgrund der britischen Gesetze von 1936 wurde nun Homosexualität wieder strafbar. Allerdings war die gesellschaftliche Grundstimmung unter der jüdischen Bevölkerung, ganz besonders in den fortschrittlichen Kibbuzim, nicht nur gegen die Strafbarkeit gerichtet, sondern unterstützte die Anliegen der sexuellen Reform und Gleichberechtigung. So war eine hebräische Übersetzung des Buchs "Die sexuelle Frage" des Schweizer Arztes Auguste Forel verbreitet, in der dieser die Enttabuisierung aller Bereiche der Sexualität als Grundlage für Fortschritt und Glück der Menschheit ansieht. Außerdem kursierten in hebräischer Übersetzung Schriften des Berliner Sexualreformers Max Hodann, der seit 1926 an Magnus Hirschfelds Berliner Institut für Sexualwissenschaften arbeitete und Israel 1934 besuchte.(8) Am 20.Oktober 1930 schreibt der Journalist Moshe Ungerfeld in der Tageszeitung Ha-Aretz begeistert vom Wiener Kongress der Weltliga für Sexualreform und im besonderen über Hirschfelds Ansichten, unter anderem zur Entkriminaliserung von Homosexualität.(9)
Hirschfeld kam im Rahmen einer weltweiten Vortragsreise im Februar/März 1932 (ausführlich im Aufsatz B unten dargestellt) nach Israel und hielt 10 Vorträge in Jerusalem, Tel Aviv, Haifa und in Kibbuzim im Jisre'eltal im Norden.
Das Anliegen Hirschfelds, der weltweit für eine vollständige Gleichberechtigung sexueller Minderheiten kämpfte, wurde in Israel ab den 1920er-Jahren auch persönlich durch den Tel Aviver Arzt Chaim Berlin (חיים ברלין)(1890 - 1980, 1925 Auswanderung nach Israel, Adresse: Tel Aviv, Sderot Rothschild 117) verbreitet(10), den Hirschfeld einen "der treuesten Schüler unseres Instituts für Sexualwissenschaften"(11) nennt. Berlin veranlasste werbende Informationsartikel in mehreren Zeitungen(12). Chaim Berlins Hochschätzung für Hirschfelds Sexualreform zeigt sich auch in seiner ausführlichen Würdigung Hirschfelds kurz nach seinem Tod in der damals wichtigen Zeitung Dawar, in der er Hirschfelds Einsatz für eine queere Sexualreform hervorhebt(13) und ihn deshalb in die Reihe der Menschen stellt, die "zugunsten der Menschlichkeit arbeiten", weil es sein Ziel war "den Menschen von körperlichen und seelischen Leiden und gesellschaftlichen Qualen zu befreien."(14) (Siehe auch unten Aufsatz B, bes Kap 3...)
1932 eröffnete Avraham Matmon (אברהם מטמון) (1900 - 1974, 1904 Einwanderung der Familie nach Israel), der als Praktikant an Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaften in Berlin gearbeitet hatte, ein gleichnamiges Institut (המכון להיגיינה ומדע המין) in der Shachar-Straße (רחוב שחר) Nr.11 im alten Zentrum Tel Avivs (nicht weit vom Gymnasium Herzliya), das beratend und reformerisch tätig war(15). Er gab auch die Zeitschrift HaBri‘ut (Die Gesundheit) heraus, die eine Rubrik für Sexualberatung enthielt. Ebenso verfasste er für die Bevölkerung einen hebräischen Ratgeber "Sexualleben des Menschen", der in 8 Auflagen erschien.
Im Bereich der Literatur gab Georgo (Jiri) Mordechai Langer einen wichtigen schwulen Impuls. Er schrieb als erster Schriftsteller des Neuhebräischen solche Gedichte, in denen Homosexualität und die Liebe zum Land Israel miteinander verbunden waren. Obowhl er nur die letzten 3 Jahre seines Lebens von 1940 bis 1943 in Israel lebte, gab er hier doch noch seinen letzten Gedichtband heraus: Me'at Zori: Schirim (Etwas von meinem Balsam: Gedichte). Einige deutsch übersetzte Zeilen seines Gedichtes הגַבְוּרָה שבֶּתַפִאְרֶֶת "HaGvura she beTiferet" ("Die gewaltige Macht, die in glänzender Schönheit liegt"): "Wenn das trockene Land den Blick meines Geliebten gewinnt, wird es zu einem lieblichen Garten, der Knospen treibt und blüht; sein sanftes Lächeln, sein wunderschönes Gesicht strahlt hell, entzündet Herzen."
In den ersten Jahrzehnten des Staates Israel seit 1948 war gemäß den für Queers weiterhin gültigen britischen Gesetzen männliche Homosexualität strafbar. Der israelische Generalstaatsanwalt Haim Cohn gab aber 1953 Anweisungen, diese Paragraphen bei Erwachsenen nicht anzuwenden. In Israel ist seit der Staatsgründung nie jemand wegen einvernehmlichem queeren Sex veurteilt worden.(16) Ein älterer schwuler Israeli bestätigte dies. Das liegt vermutlich auch daran, dass Juden und Schwule in den Nazi-Konzentrationslagern gemeinsame Leid- und Verfolgungserfahrungen durchgemacht haben.
1956 wurde einer Transfrau zum ersten Mal eine geschlechtsangleichende Operation genehmigt. Es handelte sich um Rina Natan, die als Gershom Natan in Siegen/Westafalen geboren wurde.
Trotzdem bestand in den 1950er und 1960er Jahren eine Diskriminierung ohne größere gesellschaftliche Debatte(17), weil man meinte, das Klischee des Schwulen entspräche nicht dem machohaften Idealbild des israelitischen Kämpfers in einer eng zusammengefügten Gesellschaft, die sich dem Vernichtungswillen aller arabischen Nachbarn entgegenstellte und die Existenz des Staates Israel sicherte. Mit dem Wissen um diese Situation wird die Metapher des verbreitetsten homophoben Schimpfwortes verständlicher: mitromem: מתרומם („der, der sich selbst erhöht“/„… sich absondert“) (Wortwurzel: ram: רם („hoch“, „erhaben“). Seine wörtliche Bedeutung („der, der sich (von der Gemeinschaft) absondert“) zeigt die negativen Sprach-Assoziationen: Queers grenzen sich – bewusst – von der Gemeinschaft ab, die doch so überlebenswichtig ist. Trotzdem war auch in homophoben Kreisen bin den 50erJahren der Aggressionslevel praktisch nie so hoch, dass körperliche Gewalt gegen queers angewandt wurde.
Wie in vielen anderen Ländern der Welt begann auch in Israel Ende der 60er Jahre eine emanzipatorische Zeitenwende.
1975 gründete sich die SPPR (Society for the Protection of Personal Rights), um für die Rechte von Schwulen und Lesben zu kämpfen. Die Gruppe wurde später in Agudah(18) (אגודה „Verband“) umbenannt, die bis heute für die GLBT-Community in Israel arbeitet.
1987 gründeten Frauen die CLAF (Community of Lesbians and Feminists).
Am 22.03.1988 werden dann die Gesetze vom Parlament endgültig abgeschafft, die Homosexualität bestrafen.
1992 wird ein Gesetz erlassen, dass die Diskriminierung am Arbeitsplatz unter anderem wegen der sexuellen Orientierung verbietet.
1993 entwickelt sich die Knesset-Abgeordnete (MK) Yael Dayan(19), Tochter des berühmten israelischen Generals Moshe Dayan, zu einer queerfreundlichen Aktivistin. Auf ihre Initiative hin wird ein Knesset-Ausschuss gebildet, der sich mit queeren Fragen beschäftigt.
1994 zwingt ein Gerichtsurteil die israelische Fluggesellschaft ElAl, dem schwulen Partner des Flugbegleiters Yonathan Danilovitch dieselben Rechte zuzugestehen wie einem heterosexuellen Partner.
1995 werden von der Knesset weitere Gesetze zur Gleichstellung schwul-lesbischer Paare beschlossen.
1996 bekommt Adir Steiner, der durch seinen Prozess berühmt gewordene Partner eines Offiziers der israelischen Armee, durch ein Gerichtsurteil eine Witwenrente und weitere Rechte eines „Hinterbliebenen eines Offiziers“.
1998 stellt die Knesset die Diffamierung oder Beleidigung aufgrund der sexuellen Orientierung unter Strafe.
1998 wird auch die erste offen lebende Lesbe ins Tel Aviver Stadtparlament gewählt.
Schon im Jahre 1999, als viele der heutigen sexualemanzipatorischen Fortschritte noch nicht erreicht waren, konnte festgestellt warden: "Israel's lesbian and gay community has achieved far-reaching political and legal victories under both Likud- and Labor-led governments."(20) Nachdem die Zahl der arabischen Länder, die die Vernichtung Israels anstreben, bis Ende der 90er Jahre gesunken war(21), verbesserten sich auch die gesellschaftlichen Paradigmen für die volle Akzeptanz von Queers: „Israeli society has undergone a change from a mobilized society to a normal society where there's room for the indiviual.“(22)
2000 erlässt die Knesset ein allgemeines Anti-Diskriminierungsgesetz.
2000 wird die freie Wahl des Sexualpartners auch für Homosexuelle (von 18) auf 16 Jahre heruntergesetzt - so, wie die Regel schon für Heterosexuelle bestand.
Ab 2000 bekommen ausländische queere Partner von Israelis - auch ohne juristische Verpartnerung - zunächst ein zeitlich befristetes Wohnrecht in Israel, das nach Jahren in den unbefristeten Status und schließlich in die israelische Staatsbürgerschaft umgewandelt werden kann
2001 wird die Gruppe Hoshen (Abkürzung für "Information und Veränderung") gegründet. Ziel dieser Organisation ist es, durch Informationsveranstaltungen allen Vorurteilen gegenüber Queers entgegenzutreten und ihre Akzeptanz in der Gesellschaft zu fördern.
2001 werden als homosexuelle Paare alle die anerkannt, die in einer Gemeinschaft leben. Formale Eintragungen oder Verpartnerungen sind nicht erforderlich.
Ab 2002 kann man in Tel Aviv seine homosexuelle Partnerschaft eintragen lassen und bekommt zusätzliche kommunale Vergünstigungen.
2002 wird Professor Uzi Even(23) für die sozialistische Meretzpartei als erster offen queerer Abgeordneter in die Knesseth gewählt.
2002 findet der 17.Weltkongress der queeren Juden im Kibbuz Givat Haviva statt.
2002 wurde die Organisation Israel Gay Youth (IGY) (איגי - ארגון נוער גאה, Irgun Noar Ge'eh) gegründet.(24)
2005 werden Stiefkindadoptionen der Kinder des/der queeren Lebenspartners/in gerichtlich anerkannt.
Ab 2006 werden gleichgeschlechtliche Partnerschaften, die im Ausland geschlossen wurden, in Israel als Ehen anerkannt. In Israel gibt es keine Zivilehe, sondern Ehen können nur religiös geschlossen werden. (Nichtreligiöse Hetero-Paare fuhren deshalb schon seit Jahrzehnten zur Eheschließung nach Zypern.)
2006 wird in Jerusalem der 2.Worldpride(25) überhaupt gefeiert, nachdem der allererste 2000 in Rom gefeiert wurde.
2008 bekommen Schwule und Lesben das volle Adoptionsrecht – wie Heterosexuelle.
Im August 2014 gab die israelische Regierung bekannt, dass "dass Juden künftig mit ihrem gleichgeschlechtlichen nicht-jüdischen Partner nach Israel einwandern dürfen und beide ein Anrecht auf die israelische Staatsbürgerschaft erhalten."(26)
Nachdem die Parteien der Linken und der Mitte (z.B. "Jesh Atid") die queere Emanzipation schon länger in ihren Parteiprogrammen haben, wurde im Dezember 2015 mit Amir Ohana das erste Mal ein offen schwules Mitglied der rechten Likud-Partei Parlamentsabgeordneter.(27) Ohana ist gleichzeitig Vorsitzender der Vereinigung der queeren Likudniks ("Likud Pride" (גאווה בליכוד).(28) Ohana hat seitdem eine steile Karriere hingelegt: Im Juni 2019 wurde er Justizminister und im Mai 2020 Minister für Innere Sicherheit. Zusammen mit seinem Ehemann zieht er 2 Kinder groß.(29)
Unter dem schwulen Gesundheitsminister Nizan Horowitz wurde im Januar 2022 ein Gesetz beschlossen, nach dem auch homosexuelle Israelis ein Kind durch eine Leihmutter bekommen können.
Im Feburar 2022 erließ Minister Horowitz eine Anordnung, nach der sogenannte Konversionsbehandlungen an nichtheterosexuellen oder nichtcisgeschlechtlichen Menschen unter Strafandrohung verboten sind.
Gegenwärtig bekommen homosexuelle Paare dieselbe Witwenrente und haben dieselbe Erbschaftsrechte wie heterosexuelle Paare.
„Jedes Gewaltverbrechen, das durch die sexuelle Orientierung des Opfers motiviert ist, gilt als Hassverbrechen, was eine Verdoppelung der fälligen Strafe nach sich zieht.“(30)
Es gibt die Transsexuellen-Gruppe „Shabbat Malcha“ („Königin Schabbat“). Jährlich findet das Drag-Festival „Wigstock" der Gruppe "Pe'ot Qedoshot" (Holy Wigs) (auf Facebook) statt. Im Mai 2016 fand der erste Transsexuellen-Wettbewerb in Israel statt, die "Miss Trans Israel" im traditionsreichen Habima-Theater Tel Avis zu Beginn der Pride-Week. "Israela Stephanie Lev .., die 55-jährige Organisatorin der 'Miss Trans Israel'-Wahl, die zu den Veteraninnen der Transgender-Community in Tel Aviv zählt ... 'Transgender sind heute in Israel Richterinnen, Ärztinnen, Journalistinnen, sie sind überall', sagt sie."(31) Seit 2021 gibt es mit Sapir Bermann die erste Trans-Schiedsrichterin in Israels höchster Fußball-Liga.(32) In Tel Aviv (S.u. 4.1..) gibt es ein Transzentrum.
So gehörte Israel mit Deutschland im November 2010 zu der Minderheit der Staaten, die in der UN-Vollversammlung für die Ächtung der Todesstrafe auch aus Gründen der sexuellen Orientierung stimmten. Im März 2011 unterzeichnete Israel mit Deutschland und 85 anderen Staaten eine UN-Erklärung, die Gewalt gegen Menschen abweichender sexueller Orientierung ablehnt.
Der 2015 veröffentlichte Gay-Happiness-Index(33) sah Israel weltweit auf Platz 7 - hinter Island, Norwegen, Dänemark, Schweden, Uruguay und Kanada. Die Schweiz liegt auf Platz 9, Deutschland auf Platz 14, Österreich auf 19.
2023 gab es in ganz Israel mit seinen knapp 10 Millionen Einwohnern knapp 100 Pride-Veranstaltungen, auch in Kleinstädten.
Es gab in Israel bedeutende queere Zeitungen:
Von 1991 bis 1994
wurde „Natif Nosaf (wikipedia)“ (נתיב נוסף
- „Alternativer Weg“) von der Agudah(34) herausgegeben.
1996 erschien
dann „HaSeman HaVarod (wikipedia)" (הזמן הוורוד - „Die rosa Zeit“) in
Tel Aviv, die 1999 von der Agudah übernommen wurde und im Jahr 2004 einige Monate unter dem Namen "HaSeman HaChadasch" (הזמן החדש - "Die neue Zeit") herausgegeben wurde.
Ab 2008 wurde sie zu „HaIr beVarod (wikipedia)“ ( העיר בורוד - „Die Stadt in Rosa“) umbenannt und nun im DIN A 2-Format
von der linken Tageszeitung HaAretz monatlich herausgegeben, der sie ab und zu als Beilage hinzugefügt wurde. Im Oktober 2010 wurde sie eingestellt, wohl auch
weil in Israel elektronische Medien überdurchschnittlich verbreitet sind.
Die älteste lesbisch-feministische Zeitschrift war „Qlaf Hazaq (wikipedia)“ (קל"ף חזק - Abkürzung für „Eine starke lesbisch-feministische Gemeinschaft“), die
von 1989 bis 2001 erschien.
Von derselben Gruppe wurde in den Jahren 2003 bis 2005 die lesbisch-feministische
Zeitschrift „Pandora (wikipedia)“ (פנדורה) herausgegeben.
Lizzy, the Lezzy, witziger Video-Clip
Grund-Infos für queere Touristen in Tel Aviv/Israel: https://www.touristisrael.com/gay-tel-aviv-for-beginners/5686/
Hier gibt es Infos für Queers, die nach Israel einwandern wollen oder dort vor kurzem eingewandert sind: LGBTQ* Olim
Der 17.September 1977 markiert die erste größere öffentliche queere Veranstaltung, nämlich das queere Fest "Aliziada" ("עליזיאדה") (von hebräisch "aliz"= fröhlich=gay) im Yarqon-Park im Norden Tel Avivs.
Am 2.Juli 1993 zog die erste kleine Pride Parade mit 14 Fahrzeugen durch die Dizengoffstraße zu einer queeren Feier im Mordechai-Garten in der Mitte der Sheinkinstraße, an der 500 Queers teilnahmen.
In Tel Aviv(35) wird seit 1998 meist am zweiten Wochenende im Juni der große Gay Pride(36) (CSD) gefeiert. 2011 feierten ihn 100 000 Teilnehmern.
Seit 2006 wird Ende Juni das "GLBT Tel Aviv Film Festival"(37) veranstaltet.
2008 wurde im Gan (Park) Meir das "LGBT Communication Center"(38) (auch Bayit Lavan (Weißes Haus) genannt) eröffnet, das vom
Stadtrat finanziert wird. Das alte, schon recht große Zentrum dort wurde angerissen und ein noch erheblich größeres wird 2023 an derselben Stelle gebaut. Während des Neubaus befindet
sich das "LGBT Community Center" in der Aluf-Albert-Mendler-Str.8 im Sarona-Viertel.
Später wurde auch das Transzentrum in der Mordechai-Anielewicz-St. 62 (Website) eröffnet.
Im Park Me'ir wird vor dem Weißen Haus am 10.Dezember 2013 das erste Denkmal Israels und des Nahen Ostens für queere Holocaust-Opfer eingeweiht. Entsprechend der Kennzeichnung
der schwulen KZ-Häftlinge im Machtbereich von Nazi-Deutschland wurden 3 Dreiecke errichtet, davon zwei in Rosa wie in den KZs.
Auf einem Dreieck findet man die Namen verfolgter deutscher schwuler Juden, z.B. von Magnus Hirschfeld (Siehe oben den Anfang von Kapitel 2.) und Gad Beck; außerdem werden medizinische Experimente an Homosexuellen erwähnt und die Verfolgung von Lesben.
Das zentrale Dreieck besteht aus 3 rosafarbenen Bänken. Auf einer Seite des Dreiecks steht - auch auf Deutsch - der Leitsatz: "Den Opfern des Nationalsozialismus, die wegen ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität verfolgt wurden".(39)
Dass auch das tolerante Tel Aviv, das "als Schwulenhauptstadt des Nahen Ostens gilt"(40), kein Schwulenparadies ist, zeigte sich am Mordanschlag auf einen Schwulentreff der Agudah(41) im Jahr 2009, vergleichbar der homophoben Gewalt in den toleranten Städten Berlin oder San Francisco.
Motto des Pride 2010 war der biblische Satz: ואהבת לרעך כמוך "Und Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst." (3.Mose/Leviticus 19,18) Sehr verbreitet war auch das Menschenrechts-Motto, das mit der Gottebenbildlichkeit des Menschen begründet werden kann: כי אני שוה "Denn ich bin gleich."
An der Pride Parade im Jahr 2016, bei der die Teilnehmerzahl stark gewachsen war, nahm auch der Münchner Kommunalpolitiker Marcel Rohrlack teil: "An jedem Laternenmast, in jedem Schaufenster, in der ganzen Stadt: Regenbogenfahnen! Marcel Rohrlack war gerade in Tel Aviv. In der liberalen israelischen Großstadt hat er die große Parade der Schwulen und Lesben gefeiert - mit 200 000 anderen Demonstranten. Zurück in München kommt er aus dem Schwärmen nicht heraus. 'Wir in München', sagt Rohrlack ..., 'diskutieren über ein paar schwule Ampelmännchen.' Von Tel Aviv könne man noch viel lernen."(42)Der Anteil queerer Menschen in Tel Aviv beträgt ungefähr 25%.
Im Jahr 2018 ergab eine Umfrage von GeoSure, dass die Innenstadt von Tel Aviv, speziell das Stadtviertel Florentin, das fünftsicherste queere Stadtviertel weltweit ist.(44)
2001 fand in Jerusalem der erste - kleine - Pride statt.
Allerdings hat es regelmäßig Widerstand konservativer Religionsvertreter gegen die Durchführung des Pride in Jerusalem gegeben.
Im August 2006 (ursprünglich für 2005 geplant) wurde in Jerusalem der zweite World Pride überhaupt gefeiert. Gegen diese Veranstaltung gab es massiven Widerstand der sonst zerstrittenen Konservativen der drei abrahamitischen Religionen(45).
In den letzten Jahren hat sich auch in Jerusalem der antiqueere, konservativ-religiöse Widerstand etwas abgeschwächt. 2010 und 2011 konnte der relativ kleine Pride ungestört gefeiert werden, allerdings mit nur 4000 Teilnehmer*innen. 2019 nahmen schon 15.000 an der Parade teil, und 2023 wurde mit ca 30.000 Teilnehmer*innen ein Rekord aufgestellt.
Es gibt in der 1.Etage eines Hauses ein kleines queeres LGBT-Zentrum(46) , das 1997 gegründet wurde und auch Bayit Patuach ("Offenes Haus") genannt wird.
Das queere Leben in Haifa wurde außerhalb der Stadt lange Zeit weniger in den Blick genommen. Dabei ist es schon deshalb interessant, weil hier wegen der
gemischten Einwohnerschaft jüdische und arabische Queers eine Szene bilden.
2007 wurde in Haifa die 1.Pride-Parade gefeiert.
Seit 2017 hat die queere jüdisch-arabische Community ein eigenes städtisches
Zentrum: The Communities' House for Pride and Tolerance (6 Masada St).
Im Juli 2019 fand in Haifa die erste Demonstration von arabischen Queers statt, nachdem ein schwuler Araber aus Haifa von einem
Verwandten in Tel Aviv vor einem queeren Jugend-Zentrum ermordet worden war. Im Juli 2020 fand dann die zweite
queer-arabische Demonstration in Haifa statt.(47)
2022 beschloss Israels Regierung, für queere arabische Jugendliche Schutzzentren in Haifa zu eröffnen.(48)
Einen besonderen Höhepunkt und eine Zwischenbilanz bildet die
Ausstellung "‘What Will The Neighbours Say?‘ Queer Life in Haifa 1932 – 2007“(49) vom 27.2.2021 bis 31.3.2022 im
Haifa City Museum(50) (Sderot Ben Gurion 11).
Diese Ausstellung zeigt die Entwicklung der schwul-lesbischen-trans Community in Haifa.
Die zeitliche Eingrenzung des Themas dieser Ausstellung:
-1932 ist das Jahr des Aufenthalts von Magnus Hirschfeld in Haifa, des berühmten (jüdischen) Sexualreformers und queeren Aktivisten mit seinem Institut für Sexualwissenschaften in
Berlin. Hirschfelds Anwesenheit in der Stadt und Wirken durch seine sexualemanzipatorischen Vorträge - im Rahmen seiner Welt-Vortragsresie 1931/32 - wird sozusagen als queere
Zeitenwende angesehen, als Beginn der queeren Geschichte Haifas.
-2007 kennzeichnet mit der 1.Pride-Parade in Haifa die Erreichung eines wichtigen Ziels.
1978 gründete sich in Be'er Sheva Israels "Lesbisch-feministische Vereinigung" ("Alef" - Irgun lesbi feministi).
1999 wurde ein queeres Zentrum für Be'er Sheva in einem Privathaus gegründet.
Im Jahr 2000 wurde hier eine Gruppe der Aguda (siehe Kapitel 2) gegründet.
Am 2. August 2009 fand die 1. queere (Spontan-)Demo in Beer Sheva mit ca 400 Teilnehmer*innen statt.
Am 4. Juni 2010 wurde der 1.Pride Event (im Amphiteater des Jugend-Zentrums) mit Unterstützung der Stadtverwaltung von knapp 1000 Teilnehmer*innen gefeiert.
Am 15. Januar 2015 gründete sich die queere Organisation "Proud House Beersheva" ("בית גאה בבאר שבע") mit einem Festakt, bei dem
auch Bürgermeister Ruvik Danilovich sprach.
Am 22. Juli 2017 fand die 1. große Pride Parade mit knapp 5000 Teilnehmer*innen statt, an deren Ende der Bürgermeister bei einem Festakt
sprach, der von der Stadtverwaltung organisiert wurde. Nach der Corona-Pause 2020 wurden in den letzten beiden Jahren die Prides wiederum
mit Unterstützung der Stadtverwaltung am 17. Juni 2021, am 16. Juni 2022, am 22. Juni 2023 und am 20.Juni 2024 (wegen des Hamas-Terrors im stilleren Rahmen) gefeiert.
Im März 2017 hatte der Stadtrat versprochen, ein Gebäude für ein queeres Zentrum zu suchen. Schon am 30. November 2017 wurde es in der 36 Smilanski Str. mit einem Festakt
eingeweiht und zog 2023 in ein größeres Haus in die Histadrut-Str 36 um.
Auch hier sprach Bürgermeister Danilovich: “Ihr seid eine bedeutende Gruppe in Be'er Sheva. Es mir wichtig zu sagen, dass es eine Eigenschaft Be'er Shevas ist, aus ganz
unterschiedlichen Gruppen und Gemeinschaften zu bestehen. Dabei muss jede Gruppe ihren eigenen Weg finden, wobei die Stadtregierung sich über jede freut
und sie wertschätzt und dabei ganz sicher die LGBT-Community."
In diesem queeren Zentrum, dem Proud House, fanden 2022 eine Vielzahl von Veranstaltungen statt, bzw. wurden von ihm organisiert oder unterstützt, z.B.:
- Einladung an Jugendgruppen, um sich über queere Menschen und ihr Leben zu informieren;
- Gruppe für Queers, die nur Englisch sprechen, aber kein Ivrit;
- ein Bibelkreis ("Bet Midrasch") für Queers 2x im Monat;
- Treffen der arabischen Pride Community;
- Selbsthilfegruppe für Trans-Menschen, die ihre Gewalterfahrung aufarbeiten wollen;
- Transbiographie: Der Transmann Shachar Arpov erzählt seine Geschichte.
Hier gibt es Grundinfos zu den 8 größten queeren Community-Centers in Israel: https://lgbtolim.org/lgbt-centers-2/
Grundsätzlich stellt die Armee in Israel (Zahal oder engl. IDF(51)) für die Bevölkerung eine bedeutendere Lebenswelt dar als in vielen anderen Staaten, weil junge Männer 3 Jahre und junge Frauen 2 Jahre Wehrdienst leisten, gefolgt von vielen Jahren regelmäßiger Reserveübungen.
Queere Soldaten waren nie offiziell von der Armee ausgeschlossen.
Ein Erlass aus dem Jahre 1986 stellte zunächst einmal fest, Homosexualität „does not constitute a mental illness or deviance“(52) Allerdings sah man grundsätzlich „a security risk“(53) und deshalb Einsatzbeschränkungen, die aber individuell abhängig gemacht wurden von der „ability to withstand 'pressures'“(54)(womit vor allem geheimdienstliche Erpressungsversuche gemeint sind).
1993 befasst sich der von Ya'el Dayan initiierte Parlamentsausschuss zu queeren Fragen(55) auch mit der Situation beim Militär. Professor (der Chemie) Uzi Even(56) , Major der Reserve, outet sich und beginnt für die Gleichstellung queerer Soldaten in der israelischen Armee zu arbeiten. Unter starker Einflussnahme von Ministerpräsident Yitzchaq Rabin(57) wurde ein toleranterer Erlass herausgegeben, wonach es nun grundsätzlich – wenn keine offensichtlichen Gründe dagegen sprechen – keinerlei Einsatzbeschränkungen für Queers in der Armee gibt: „homosexuals are entitled to serve in the military as are others“(58). Die Armeezeitung BaMachane („In der Kaserne“) schrieb stolz die Schlagzeile: „Discrimination Has Ended.“(59) Und die bis Ende 2010 in den USA herrschende Rechtslage (z.B. „Don't ask, don't tell“ für Queers) wird in derselben Weise kritisch kommentiert: „American military rules dictate to soldiers how to conduct their sex lives. ... And that ... is serious discrimination.“(60)
Wegen des zentralen Interesses der IDF für die israelische Gesellschaft ist auch die Situation von Queers recht gut untersucht worden.
Befragt man schwule israelische Soldaten nach ihrer Motivation für den Dienst in einer Kampf-Einheit, so ensprechen viele Gründe den Aussagen ihrer Hetero-Kameraden, allen voran die Verteidigung der puren, von den Gegnern bestrittenen Existenz des Staates Israel. Ein Unterschied besteht aber darin, dass ihre Homosexualität offensichtlich die Umfragewerte einer vierten Motivation gegenüber Hetero-Soldaten stark ansteigen lässt, nämlich "inspiring their homosocial motivation."(61) Es handelt sich hier um eine "combat motivation"(62). "It is especially prominent in the IDF, where mutual responsibility and support underlie the army's tactical doctrine."(63) Es dürfte offensichtlich sein, dass Schwule überdurchschnittliche Vertrautheit, Erfahrungen und Wünsche im Blick auf das soziale Verhalten in einer gleichgeschlechtlichen Gruppe haben. Wenn dies auch noch aus anderen Gründen gewünscht ist – wie hier aufgrund des militärisch-taktischen Nutzens, dann handelt es sich um eine für Schwule interessante Lebenswelt.
Untersuchungen aus der Zeit des Jahres 2000 zeigen aber, dass Queers es damals vermieden, sich in der Armee allgemein zu outen(64). Wenn die Kameraden doch ihr Queersein vermuten, wird es indirekt durch Benennungen markiert wie z.B.: ""virgin", "nerd", "poet" or "professor""(65).
Menashe schreibt von seiner ersten sexuellen Erfahrung während des Wochenend-Dienstes in der Marine-Kaserne: "We were on Shabbat duty, I was the NCO(66) in charge. ... We were lying on the same bed watching TV and all of a sudden it went off. … it gradually came to a blow job. And this went on beautifully for some months until discharge."(67) (d.h. bis zur Entlassung aus der Armee)
Die durchschnittliche Bilanz einer Untersuchung über Queers in der israelischen Armee am Ende ihrer Zeit: "most of them emerged after three years of service with a much stronger sense of their homosexuality."(68)
Im Jahr 2013 wurden die ersten offenen Transmenschen zum israelischen Militär eingezogen:
- eine Transfrau, die während der Einberufung ihre Geschlechtsanpassung durchlief(69);
- und der Transmann Sachar Erez aus einem Kibbuz im Norden Israels, der "entschied während des Offizierskurses, sein Geschlecht z
u offenbaren."(70) Er sagt über seine Erfahrungen in der Armee: "All of
them treated me with respect and judged me for my professional performance. I have never felt different in the IDF"(71)
Seit 2015 werden queere Paare mit Kind wie Hetero-Paare behandelt: Sie werden nicht gleichzeitig zum - in Israel jährlichen und regelmäßigen - Reservedienst eingezogen. So kann eine/r das Kind versorgen.(72)
Im Juli 2018 wurde mit Sharon Afeq der erste offen schwule Soldat zum General ernannt.(73)
In Puncto antiqueerer Homophobie sind sich konservative Moslems, Juden und Christen in Israel, vor allem in ihrer Hochburg Jerusalem einig, obwohl sie in vielen anderen Punkten erhebliche Meinungsverschiedenheiten haben.
Gegen den urprünglich für 2005 in Jerusalem geplanten 2.World Pride(74) hielten diese Vertreter am 30.3.2005 eine Pressekonferenz ab. Dabei wurde auch eine Erklärung unterschrieben. Zugegen waren von muslimischer Seite der Prediger Scheich Abdel Aziz Bukhari und Scheich Abed es-Salem Menasra, vertreter des Mufti von Jerusalem; von jüdischer Seite Shlomo Amar, sephardischer Großrabbiner, und Yona Metzger, aschkenasischer Großrabbiner; von christlicher Seite Michel Sabbah, (katholischer) lateinischer Patriarch, Torkom Manoogian, armenischer Patriarch; Pietro Sambi, apostolischer Nuntius des Vatikan. Der evangelikale Pastor Leo Giovinetti aus San Diego war einer der Initiatoren des Widerstandes.(75)
Das klassisch homophobe Wort für Homosexualität ist מעשה סדום: „Tat Sodoms“. Es steht in der langen Tradition der Fehlinterpretation der Sodomgeschichte als einer antiqueeren Geschichte.(76) Stattdessen handelt es sich um eine Geschichte gegen sexuelle Gewalt.
Wie schwierig die Lebenssituation für Queers in den ultra-orthodoxen Gemeinschaften ist, schildert Haim Tabakmans Spielfilm „Du sollst nicht lieben“(77) aus dem Jahr 2010. Hier wird die Geschichte einer schwulen Liebe in einem ultraorthodoxen Viertel Jerusalems geschildert. Wie in der Realität sind die Widerstände der anderen erheblich. Man versucht, das schwule Paar zu vertreiben. So „erzählt der Film nicht den Konflikt zweier gläubiger Schwuler mit ihrer Religion, sondern ... mit ihrer religiösen Gemeinde, einem starren sozialen Regelwerk. Aaron und Ezri nehmen Gott ernst.“(78)
Trotzdem gibt es auch mutige Pioniere, die selbst im konservativen Umfeld für Veränderung arbeiten, z.B. der orthodoxe Rabbiner Ron Joseph aus Jerusalem. Er outete sich im israelischen Fernsehen: „Nicht für mich, sondern für all die religiösen Männer, die dasselbe Schicksal haben wie ich“(79) , habe er diesen Schritt getan. Die Folgen waren sehr gemischt: Einige akzeptierten seine Orientierung nach anfänglichem Zögern, aber die Ablehnung der anderen umschreibt Joseph etwas euphemistisch als „Prozess, der nach wie vor andauert.“(80) Interessanterweise bleibt er bei aller mutigen Authentizität doch auch fest mit seinem orthodoxen Erbe und dessen strenger Schriftauslegung verwurzelt. Er lebt sein Schwulsein ohne Analsex: „Das bedeutet dann …, dass strenggläubige homosexuelle Juden in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung auf Analsex verzichten müssen … die Halacha verbietet es, also halte ich mich daran.“(81)
2005 wird "Bat Kol"(82) ("weibliche Stimme", wörtlich: "Tochter einer Stimme") als Organisation von Lesben in religiösem Umfeld in Israel gegründet.
2007 gründet sich "Havruta"(83) (talmudisches Aramäisch: "Freundschaftsbund") als Organisation von LGBT-Queers in religiösem Umfeld in in Israel.
2008 wird “Hod” (Abkürzung für “Homosexuelle Religiöse“ (Datim)) gegründet, eine Gruppe(84) für orthodoxe Juden, die einerseits ihr Queersein akzeptieren und begrenzt leben, andererseits aber unter wörtlicher Beachtung des jüdischen Gesetzes (Torah) sich erhebliche sexuelle Grenzen setzen, z.B. Analverkehr (wegen Levitikus 18,22 und 20,13) ablehnen und auch wegen Fehlens dieser Richtlinien von der Teilnahme an Pride-Veranstaltungen abraten.
Auf dem Pride-Festival (vor der Pride Parade) im Gan Me’ir in Tel Aviv im Juni 2010 hatten jedoch auch orthodoxe, offen schwule Juden einen Stand.
Seit 2011 agiert die orthodoxe Transfrau Yiscah Sara Smith offen in Jerusalem und unterrichtet an einer konservativen Jeshiwa (Bibelschule). "Gott, sagt Smith, ließ ihn spüren, dass eine Geschlechtsumwandlung der richtige Weg war."(85) Sie schrieb ein Buch über ihren langen Weg zwischen Religion und Selbstannahme als Transsexuelle.(86)
Ein queerer orthodoxer Jude tritt seit einigen Jahren als Drag Queen in Jerusalemer Bars auf.(87)
Als erstes hatte das Reformjudentum (auch Progressives Judentum genannt) unter den jüdischen religiösen Gruppen(88) zu einer wirklichen
Akzeptanz von Queers gefunden:
Ein auch hier längerer Weg begann in den 1960er-Jahren in den USA mit ersten positiven Stellungnahmen zur Homosexualität – parallel zu den Anfängen bei Kirchen (vor allem MCC).
Mitte der 1980er-Jahre können dann Gemeindeglieder offen queer sein.
Seit 1990 gibt es offen queere Rabbiner.
2004 befindet sich die erste offene Transsexuelle in der Rabbinerausbildung.
Heute gibt es auch Trau-Zeremonien für queere Paare.(89)
In Jerusalem in der Nähe des King David Hotels vor dem Jaffator der Altstadt befindet sich ein weltweit wichtiges Zentrum dieser Strömung, das 1963 errichtet wurde. Das Zentrum hat 2 Teile:
- Es gibt den akademischen Teil, das HUC-JIR (Hebrew Union College-Jewish Institute of Religion's(90), in dessen Hof die
Eröffnungsveranstaltung des 2.World Pride (S.o. Kap. 2. und 4.2..) im Jahr 2006 stattfand.
- Direkt daneben befindet sich Merkaz Shimshon-Beit Shmuel(91), das religiöse und kulturelle Zentrum mit einer Synagoge, einem Gästehaus
und einem Kultur- und Versammlungszentrum. Hier fanden die religiösen Veranstaltungen des World Pride und der interkonfessionell gehaltene Shabbat Evening Service zum Abschluss statt.
2012 traf die religiöse Mittegruppe (sog. Konservatives Judentum, siehe Anm.88) nach heftiger, langjähriger Diskussion die fast einstimmige Entscheidung, queere Rabbiner/innen zu ordinieren(92) und auch Gottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare zuzulassen(93).
2012 wurde der erste queere Sportverein des Nahen Ostens überhaupt gegründet: "Rainbow Tel Aviv"(94). Es handelt sich um einen schwulen Fußballklub, in dem arabische und jüdische Sportler gemeinsam trainieren und spielen.
Vom 15. bis 19.Oktober 2015 ist das erste internationale queere Sportfestival des Nahen Ostens geplant: Tel-Aviv Water Games (TWG 2015)(95)
Spiegelbildlich(96) zu den oft unbegründeten, pauschalen Vorurteilen gegenüber (dem jüdischen) Israel(97) gibt es in der (jüdischen) israelischen Gesellschaft oder zumindest Ängste gegenüber den (mehrheitlich muslimischen) Arabern, vor allem aus den Palästinensergebieten der Westbank und des Gazastreifens.
Queere Araber sind in ihren Gemeinschaften meist einer hohen Diskriminierung ausgesetzt. Öffentliche Repräsentanten der palästinensischen Bevölkerung sprechen ganz offen ihre drastische Homophobie aus: 1997 antwortet Tawfiq Khatib, der demokratisch gewählte, arabische Abgeordnete des israelischen Parlaments Knesset, Mitglied der national-islamischen Partei "Demokratische Arabische Partei - Vereinigte Arabische Liste", als ihm vom Leiden der durch die arabische Gesellschaft in Israel ausgegrenzten Araber berichtet wird: "I am glad they realize that (Arab) society rejects them as deviants. They should feel like strangers in our society."(98) Und im Blick auf die von der Mehrheit der Abgeordneten 1992 und 1997 beschlossenen anti-homphoben Anti-Diskriminierungsgesetze sagt er: "The Knesset makes mistakes. It should try to correct this mistake as soon as possible. If (MKs) can't see the catastrophe they're bringing because of this, they shouldn't be in the Knesset."(99) (100) Und der israelisch-arabisch Anwalt Hassan Jabarin bestätigt dies: "An Arab homosexual is compelled to hide his sexual orientation and identity within Arab society. "He can't find his place in his society, … have no access. No newspapers. No place to their own."(101) Das bleibt als Problem auch für die israelischen Araber, obwohl sie als queere Araber genau wie Juden für Ihr Queersein nicht verfolgt und strafrechtlich gegen Diskriminierung geschützt sind. Das bedeutet auch, dass – ähnlich wie bei queeren orthodoxen Juden - die homophobe Ausgrenzung nur informell durch das Lebensumfeld stattfinden kann, während sie durch die offiziellen Gesetze des Staates geschützt sind, bzw. queere Entfaltungsmöglichkeiten haben (s.o.).
Davon zu unterscheiden ist die Lage der Araber in den palästinensischen Autonomiegebieten, in denen trotz der israelischen Besatzung die Palästinenser ihre inneren Angelegenheiten selbst regeln können. Hier entfällt auch der staatliche Schutz; im Gazastreifen sind Schwule und Lesben nach Scharia-Recht sogar von staatlicher Todesstrafe bedroht. So versuchen queere Araber aus den Autonomiegebieten in die ganz andere Lebenswelt Israels zu fliehen, wie Christian Schmitz in dem Artikel "Allahs verlorene Söhne"(102) aus dem Jahr 2006 beschreibt: "In der Heimat mit dem Tod bedroht, im Feindesland als Illegale verfolgt: Auf Israels Straßen leben 500 schwule Palästinenser." Sie brauchen für den Aufenthalt in Israel eine Sondergenehmigung - anders als die israelischen Araber, z.B. aus Nazareth. Schmitz trifft sich mit Mustafa aus Jenin: "Einer seiner Brüder hat gedroht, ihn umzubringen. Und seine Mutter legt den Hörer auf, wenn er anruft. Für seine Familie existiert er nicht mehr". "Er habe Glück, überhaupt noch am Leben zu sein, sagt Mustafa." "Verglichen mit den Palästinensergebieten leben Schwule und Lesben hier im Paradies.", weshalb sie die Probleme eines illegalen Aufenthaltes in Kauf nähmen.
Die tragische Liebesgeschichte eines jüdischen Israeli und eines Arabers aus den Palästinensergebieten erzählt Film "The Bubble"(103).
Eine Minderheit der arabischen Bevölkerung lehnt aber homophobe Diskriminierung ab: So sprach der ebenfalls arabische Abgeordnete Azmi Bishara aus Nazareth, Mitglied der arabisch-jüdischen Mischpartei Chadasch-Balad, linkssozialistisch-kommunistisch geprägt, in einer Knesset-Rede: "We want to build an Arab society in which there is respect for … sexual orientation, etc., for the freedom of women"(104).
Den ersten Transsexuellen-Wettbewerb Israels, den "Miss Trans Israel", gewann im Mai 2016 die israelische Araberin und Katholikin Ta'alin Abu Hanna aus Nazareth. Sie kommentierte ihren Erfolg: "'Wäre ich anderswo, etwa in Palästina oder einem anderen arabischen Land, würde ich womöglich ausgegrenzt werden, im Gefängnis sitzen oder ermordet worden sein.'"(105) "Sie selbst sei glücklich und stolz, in Israel zu leben."(106) Es sagt eine weitere Teilnehmerin des Wettbewerbs, "Carolin Khoury ... aus Haifa, aus einem arabischen Elternhaus, muslimisch und traditionell: 'Meine Familie hasst mich' ... 'Ich will eine Botschaft an die arabischen Gesellschaften schicken. Jeder Mensch ist anders, wir haben viele Farben und müssen jeden akzeptieren, so wie er ist.' An einer Halskette trägt Carolin Khoury, die als arabischer Junge geboren wurde, heute einen Davidstern. Es ist, so erklärt sie, ihr Dank an Israel für die Toleranz, die sie erfährt."(107)
Und es gibt auch solche positiven Beispiele, bei denen queere Liebe sich durchsetzt und sogar politische Konflikte auflöst: So bilden sich immer wieder queere jüdisch-arabische Paare.
Besonders prominent wurde 1995 ein solches schwules Paar, weil der arabische Partner aus dem Gazastreifen kein Aufenthaltsrecht in Israel hatte. Dann beschloss
Ministerpräsident Rabin(108), „to approve permanent resident status in Israel for the Gazan ..., so that he could continue
to live with his Jewish Israeli partner.“(109) - Eine grenzüberschreitende Anordnung, die auch zum Stil der sonstigen Friedenspolitik Rabins passte.
2008 gewährt die israelische Militärverwaltung einem schwulen Palästinenser aus dem autonomen Jenin die Genehmigung, sich in Israel aufzuhalten und mit seinem israelisch-jüdischen
Partner in Tel Aviv zu leben - was die Behörde ausdrücklich als Ausnahme bezeichnet.
2010 gewährt der oberste israelische Gerichtshof einem schwulen Palästinenser aus Nablus ohne festen Partner – auch ausnahmsweise - das Aufenthaltsberechtigung in Israel, weil
er darlegte, dass ihm im palästinensischen Autonomiegebiet wegen seiner Homosexualität die Todesstrafe
drohe.(110)
2001 gründet sich die queere palästinensische Gruppe Al-Qaws (Der Regenbogen), die in Jerusalem als gemeinnütziger Verein eingetragen ist und mit dem Open House in Jerusalem (S.o. Kap. 4.2..) zusammenarbeitet.(111) Diese arabischen Queers beschreiben ihre Ziele: "Our vision is to contribute to the building of a vibrant and just Palestinian society that celebrates diverse sexualities, sexual orientations, and genders."(112) und: „To encourage tolerance and change the wider Palestinian community's attitude toward homosexuality.“(113) Sie arbeiten sowohl in den arabischen Gemeinden Israels als auch in den palästinensischen Autonomiegebieten. 2019 wurden die Aktivitäten von Al-Qaws von der palästinensischen Autonomiebehörde verboten, und es gibt Festnahmen von Mitgliedern.(114)
2019 wurde "Al-Bait Al-Mokhtalef" ("Das Haus der Abweichung") gegründet, um queere Araber*innen zu unterstützen, die in ihrem arabischen Lebensumfeld, besonders auch in ihren Familien, diskriminiert und mit Gewalt und Tod bedroht werden: "Firstly, the organization will act towards empowerment of the Arab LGBT community members by aiding them to realize their full rights in different fields and encouraging self-growth. Secondly, the organization will promote acceptance of Arab LGBT people and fight LGBTphobia – both within the Arab community and the general population. ... Legal and welfare assistance to the Arab LGBT people." (https://almokhtalef.wordpress.com/about-us-2/)
Im neuen Jahrtausend geschieht sogar Folgendes in der israelischen Armee, dem Schmelztiegel des Staates: "Nasrin war nicht nur eine ehrgeizige Offizierin im Rang eines Leutnants, sondern sie war tatsächlich eine Muslimin, eine Araberin und zudem lesbisch. Sie ging sehr offen mit allen ihren Identitäten um und machte absolut kein Geheimnis daraus. Im Gegenteil, sie war stolz darauf, beim IDF dienen zu dürfen".(115) "In dieser Atmosphäre wuchs Nasrin auf: in ... dem Wissen, dass nur ca. 20 Minuten von ihrem Elternhaus entfernt, in dem sie sich aus religiös-traditionellen Gründen nicht hätte outen können, sie problemlos Kontakt zu Menschen knüpfen konnte, die wie sie waren und sie mit ihren sexuellen Präferenzen akzeptierten und aufnahmen."(116)
Im Juli 2020 spendete die arabische Lebensmittel-Fabrikantin Julia Zaher aus Nazareth an die queere Organisation Agudah (S.o. Kap. 2.) einen größeren Betrag für eine neue Notfall-Hotline für queere Araber. Sie setzte damit als erste dieses mutige Zeichen innerhalb der arabischen Gesellschaft. Daraufhin kündigten arabische Ladenbesitzer aus homophobem Protest die Geschäftsbeziehungen.(117) Israelische Diplomaten aus aller Welt bestellten im Gegenzug zur Unterstützung der queerfreundlichen Aktion besonders große Menge der von ihr produzierten Techina (Sesamsauße).(118)
Im Oktober 2022 wurde Ahmad Hacham Hamdi Abu Marakhia, schwuler Araber aus Hebron, der schon länger in Safe Spaces im Südem Israel als Asylsuchender leben konnte, in Hebron wegen seines Schwulseins enthauptet, nachdem er nach Hebron gelockt/entführt worden war.(119)
Queere Palästinenser haben es vielleicht am allerschwersten: In ihrer Lebenswelt werden Queers noch stärker abgelehnt (Hass-Morde unter den Verwandten sind nicht selten; unter den muslimischen Vertretern sind die Fundamentalisten besonders stark (Hamas im Gazastreifen)), und die eigentlich freiheitliche israelische Gesellschaft, die ihnen zur Rettungsinsel werden könnte, bringt ihnen Misstrauen entgegen - wegen des latenten, teilweise unbegründeten - Verdachts des Terrorismus.(120)
Wenn Israel im Vergleich zu den Palästinensergebieten, wo zumindest im Westjordanland Homosexualität nicht offiziell strafbar ist, "ein Paradies"(121) ist, dann ist es ein mehrfaches Paradies im Vergleich zu anderen Staaten des Nahen Ostens, z.B. dem Iran.
Im Iran befassen sich die Artikel 63 bis 164 des Strafgesetzes(122) mit dem Verbrechen der Zina; das sind Vergehen unerlaubten Geschlechtsverkehrs.
Das 2.Kapitel befasst sich mit schwulem Geschlechtsverkehr:
Analverkehr:
„Art. 108 - Homosexueller Verkehr ist der geschlechtliche Verkehr eines Mannes mit einem Mann durch Eindringen des Gliedes oder beischlafähnliche Handlungen. …
Art. 110 - Die hadd-Strafe für Homosexualität in der Form des Verkehrs ist die Todesstrafe.“(123)
Schwuler Sex ohne Analverkehr:
„Art. 121 - Die hadd-Strafe für beischlafähnliche oder vergleichbare Handlungen zwischen zwei Männern ohne Eindringen des Gliedes ist für jeden hundert Peitschenhiebe. Erläuterung:
Falls der aktive Teil ein Nichtmuslim ist und der passive Teil ein Muslim, ist die hadd-Strafe für den aktiven Teil die Todesstrafe.)
Art. 122 - Werden die beischlafähnlichen oder vergleichbaren Handlungen dreimal wiederholt …, so ist die hadd-Strafe beim viertenmal die Todesstrafe.
Art. 123 - Liegen zwei Männer, die nicht miteinander blutsverwandt sind, ohne Notwendigkeit nackt unter derselben Decke, so werden beide mit einer taczir-Strafe von bis zu
neunundneunzig Peitschenhieben bestraft.
Art. 124 - Wer einen anderen aus Wollust küßt, wird mit einer taczir-Strafe von bis zu sechzig Peitschenhieben bestraft.“(124)
Das 3.Kapitel befasst sich mit lesbischem Geschlechtsverkehr:
„Art. 129 - Die hadd-Strafe für lesbische Liebe ist für jeden hundert Peitschenhiebe. …
Art. 131 - Wurde die lesbische Liebe dreimal wiederholt und ist jedesmal eine hadd-Strafe verhängt worden, so ist die hadd-Strafe beim viertenmal die
Todesstrafe.“(125)
Auffälligerweise steht Transsexualität im Iran aufgrund einer Fatwa von Ayatollah Khomeini nicht unter Strafe. D.h., ein schwules oder lesbisches Paar kann seine Sexualität leben und offiziell verheiratet lebenslang zusammenbleiben, wenn einer die Umwandlung des Körpergeschlechtes durchführen lässt, so dass nach außen wieder die Heterosexualität gewahrt ist.
Ebenso fordern in Mauretanien Artikel 308 (und 306) des Strafgesetzbuches (Penal Code) von 1984 Homosexualität bei Männern die Todesstrafe und bei Frauen Gefängnis:
“ART. 308. “Any adult Muslim man who commits an impudent act against nature with an individual of his sex will face the penalty of death by public stoning. If it is a question of two women, they will be punished as prescribed in article 306, first paragraph”
ART. 306(1). "… will be punished by a sentence of between three months to two years imprisonment ”(126)
Die weiteren Länder, die die Todesstrafe androhen, sind allesamt mehrheitlich ,muslimische Länder (Saudi-Arabien, Jemen, Sudan, nördliche Provinzen Nigerias(127)).
Der Libanon (vor allem Beirut) ist eines der am wenigsten sexual-repressiven Länder der arabischen Welt. Hier gibt es eine Gruppe, die sich auch länderübergreifend in der arabischen Welt für queere Rechte einsetzt: „Helem“(128). Der Name ist ein Akronym für „Libanesische Schutzorganisation für Schwule und Lesben“.
Mutmachend ist die Stellungnahme des israelischen Arabers Hassan Jabarin, Anwalt in Menschrechtsfragen: "The struggle for existence as gay people supersedes the national and religious differences that otherwise divide them."(129) Nationale Gräben werden durch Liebe und Sex überwunden: "The fact that gay identity has what Jabarin called 'a transnational component' makes integration between Jewish and Arab gays that much easier. He speculated that the gay community had a number of mixed Jewish-Arab couples, higher perhaps as a percentage than in the country as a whole."(130) In seinen Worten klingt die Möglichkeit durch, dass der Kampf für queere Gleichberechtigung ein weiterer Bereich ist, in dem Juden und Araber exemplarisch. zusammenarbeiten, ja miteinander für ein gemeinsames, gutes Ziel kämpfen. (Als Beispiele finden sich auf dieser Seite: die Zusammenarbeit von arabischen und jüdischen queeren Gruppen im Offenen Haus in Jerusalem (Kapitel 4.7.) und der arabisch-jüdische queere Fußballklub (Kapitel 4.6.).)
Für diejenigen Queers, die nicht weiter in den Nahost-Konflikt involviert sind, ist die Beschäftigung mit israelischen Queers auch deshalb gewinnbringend, weil hier deutlich wird, wie sich queere Emanzipation auch in einem in mehrfacher Hinsicht schwierigen Umfeld entwickeln kann, und weil man hier das Konzentrat einer Kultur findet, die jahrtausendelange Erfahrungen mit der Minderheitenrolle(131) hat.
Der Staat Israel …wird auf den Grundlagen der Freiheit, Gleichheit und des Friedens – im Lichte der Weissagungen der Propheten Israels – gegründet sein; er wird volle soziale und politische Gleichberechtigung aller Bürger ohne Unterschied der Religion, der Rasse und des Geschlechts gewähren“. (Krupp, Michael: Zionismus und Staat Israel. Ein geschichtlicher Abriß, 3.Auflage Gütersloh 1992, 123)
1. Reisedaten 1932
2. Der Einfluss der Israel-Etappe auf Magnus Hirschfelds Beziehung zum Judentum und zum Zionismus
3. Sexualemanzipatorische Aktivitäten und Entdeckungen Hirschfelds in Israel-Palästina
4. Nachwirkungen Hirschfelds in Israel bis heute
Fußnoten
Literaturverzeichnis
Bei Hirschfeld lässt sich eine abnehmende, schließlich nicht mehr sichtbare jüdische Selbstidentität während seiner Studienzeit beobachten: An seinem ersten Studienort in Breslau benannte er in der entsprechenden Rubrik seine Religion mit „jüd.“, danach schrieb er „'diss.' für 'Dissident' als Zeichen dafür, dass er die Glaubensgemeinschaft der Eltern verlassen hatte“ (Dose 2005: 33). Auf der einen Seite war also „Hirschfelds Verhältnis zum Judentum .. stets .. problematisch und problematisierend“ (Bauer 2004: 272).
Jedoch zeigen uns die Eindrücke, die Hirschfeld während seines Palästina-Aufenthalts empfand, eine neue Seite seiner Persönlichkeit, nämlich dass offensichtlich Erinnerungen an die jüdische Religion aus seiner Kindheit und einer – wenn auch liberalen – jüdischen Herkunftsfamilie plötzlich wieder verstärkt ins Bewusstsein getreten sind, weil sie im Unterbewussten schlummerten. Hirschfeld stellt auf fast 2 Seiten (Hirschfeld 1933: 352f) die biblischen Stätten Palästinas dar – mit dem Zusatz: Es „steigen so Erinnerungsbilder aus der Vergangenheit und Vergessenheit auf“ (Hirschfeld 1933: 353). Er zeigt sogar vertiefte biblisch-geographische Kenntnisse, die über den Lernstoff des Religionsunterrichts und somit über den Kernbestand biblischer Geschichten bei den meisten Gläubigen hinausgehen, wenn er im Blick auf „die Berge von Gilboa“ (Hirschfeld 1933: 376) daran denkt, dass genau hier „Saul gegen die Philister kämpfte und mit seinem Sohne Jonathan fiel“ (a.a.O.). Charlotte Wolff sieht hier „his attachment to the biblical places of Palestine.“ (Wolff 1986: 356) Auch Heike Bauer ist überrascht von einer biblischen „familiarity that is derived from his knowledge of the Old and New Testaments“ (Bauer 2017: 120), die uns hinleitet zu einem „harking back to Hirschfeld‘s seldom-mentioned Jewish background.“ (a.a.O.) So wird gerade hier deutlich, dass „das Judentum für Hirschfeld … ein kaum explizit thematisierter, darum aber um so entscheidenderer Faktor seines Lebens- und Denkhorizontes“ (Bauer 2004: 282) war. Gleichzeitig kritisiert Hirschfeld eine weltfremde Frömmigkeit durch seinen Vergleich zwischen den kritisch gesehenen „schluchzenden chassidischen Jünglingen an der Klagemauer von Jerusalem und den frischen Jungen und Mädels am Strande von Tel Aviv, denen der 'schöne Götterfunke der Freude' aus den Augen sprüht!“ (Hirschfeld 1933: 355)
Diese Jugendlichen vom Tel Aviver Strand sind auch Symbole für das Programm des Zionismus, diesseitig-weltzugewandt zu leben, gleichzeitig aber die eigene jüdische Identität so intensiv zu betonen, dass sie am besten in einer eigenen jüdischen Gesellschaft gelebt werden kann.
Hirschfeld kannte die Ideen des Zionismus fast seit ihrem Beginn, denn er erwähnt kurz vor seinem Tod, dass er auf einer Parisreise (Anfang der 1890er-Jahre gegen Ende seines Medizinstudiums(3)) den Arzt Max Nordau kennenlernte, eine frühe Führungsperson des Zionismus: In „Paris … wirkten als Journalisten Theodor Herzl, der Verfasser des 'Judenstaat', und Max Nordau, in dessen Haus ich in Paris damals ...als Student viel verkehrte. Heiß tobte damals der Meinungskampf über die Berechtigung der zionistischen Bewegung“ (Hirschfeld 1935: 8).
Es ist schon eine frappierende historische Parallelität, dass beide jüdische Aktivisten, die der Weltgeschichte wichtige Impulse gegeben haben, im gleichen Jahr ihre grundlegende Schrift veröffentlichten (1896 - Magnus Hirschfeld: Sappho und Sokrates; Theodor Herzl: Der Judenstaat(4)) und im Jahr darauf für ihre Bewegung eine Organisation gründeten (1897 - Hirschfeld: Wissenschaftlich-humanitäres Komitee in Berlin; Herzl: 1. Zionistischer Kongress in Basel).(5) Frappierend ist auch, dass der Staat Israel genau am 80. Geburtstag von Magnus Hirschfeld (14.5.1948) gegründet wurde.
Eine weitere Begegnung mit dem schon erstarkten Zionismus machte Hirschfeld 25 Jahre später Ende 1917 in Folge der Balfour-Deklaration bei einer größeren Versammlung in Berlin: „Klee … begann mit den Worten …: 'Juden! Wir haben ein Land!' … Nie habe ich vorher oder nachher solchen Freudentaumel gesehen.“ (Hirschfeld 1933: 388) Neben seiner sexualreformerischen Arbeit hat Hirschfeld sich in diesen Jahren wenig um die zionistische Bewegung gekümmert.
Hier nenne ich nun einen weiteren Eindruck, eine weitere Wirkung des Palästina-Aufenthaltes auf Hirschfeld. Er entwickelte – mit einer ganzen Reihe von Einschränkungen - Sympathien für den Zionismus, nachdem er dessen Ergebnisse in der Realität erleben konnte. Er betont ausdrücklich die Veränderungen, die der Aufenthalt bei ihm auslöste: „das zionistische Experiment, dem ich unter gewissen Voraussetzungen durchaus wohlwollend gegenüberstehe, namentlich seitdem ich das Glück hatte, seine Erfolge an Ort und Stelle studieren zu können“ (Hirschfeld 1933: 358). Heike Bauer deutet Hirschfelds Worte in der „Weltreise“ ähnlich: „he speaks out in favor of Zionism, influenced by his own experiences of the 'success' of Zionism in Palestine.“ (Bauer 2017: 120)
Chaim Berlin schreibt in seinem Nachruf auf Magnus Hirschfeld in der Zeitung Dawar, nachdem er Hirschfelds Buch über seine Weltreise erwähnt hatte (aus dem Hebräischen übersetzt): „Hier war es Hirschfeld, der bis dahin dem zionistischen Ideal fern stand, möglich, vieles zu sehen und zu lernen. Das Kapitel über das Land Israel ist durchdrungen von Liebe und Verständnis für das jüdische Projekt und das neue Leben in Israel.“(6) Chaim Berlin war der engste Vertraute Hirschfelds in Palästina. Er sah Hirschfeld vom ersten Tag seines Palästina-Aufenthaltes an, als er ihn vom Bahnhof in Ludd (Lod) abholte (Hirschfeld 1933: 357) und bekam in den nächsten Wochen die innere Entwicklung Hirschfelds mit. Gerade, weil Chaim Berlin als langjähriger Kollege Hirschfelds dessen anhaltende Skepsis gegenüber dem Zionismus kannte, muss die von ihm beobachtete Wandlung in dessen Einstellung, die Hirschfeld selbst beschreibt, doch in seiner Umgebung auffällig und deutlich gewirkt haben.
Sodann fällt auf, dass Hirschfeld in seinem Reisebericht kurz nach der Palästinareise den glühenden Zionisten Max Nordau, den er in jungen Jahren getroffen hatte (s.o.), so stark mit Worten würdigt: „Max Nordau aber, den edlen Helfer und Freund Theodor Herzls“. (Hirschfeld 1933: 389)
Ganz konkret schreibt Hirschfeld von seinen Eindrücken: „Ganz gewiß ist die Leistung der Zionisten in Palästina eine ganz außerordentliche, einige ihrer Schöpfungen müssen geradezu als glanzvoll bezeichnet werden“ (Hirschfeld 1933: 388). In einem ganzen Kapitel („Im Emektal“) auf fast 3 Seiten schildert er die landwirtschaftlichen Erfolge: „Im Laufe der Jahrhunderte aber war der Boden in einen grauenhaften Zustand der Versumpfung und Verwahrlosung geraten. … Daß sich die Chaluzim … trotz dieser Mißstände und Mißerfolge nicht abschrecken ließen, ist aller Anerkennung wert.“ (Hirschfeld 1933: 368) – „Dementsprechend haben auch Ackerbau und Viehzucht einen glänzenden Aufschwung genommen.“ (Hirschfeld 1933: 369) Trotz des Konfliktes stellt er fest: „Damit soll nicht gesagt sein, daß der Zionismus als Idee abgewirtschaftet oder Fiasko gemacht hat.“ (Hirschfeld 1933: 389) Zusammenfassend kann gesagt werden: Hirschfeld "in principle approves of the Zionist movement and its cultural achievements".(7)
Hirschfeld schildert auch den bereits bestehenden Konflikt und sieht die arabischen Angriffe von 1929 als die „schauerlichen, an die furchtbarsten russischen Pogrome erinnernden Vorkommnisse“ (Hirschfeld 1933: 385) an. Er zitiert einen jüdischen Mediziner-Kollegen: „wir leben hier alle ständig wie auf einem Vulkan“ (Hirschfeld 1933: 386) Mit Sympathie beschreibt er die Stimmung in der jüdischen Gemeinschaft: Man findet „bei der großen Mehrzahl der Pioniere … keineswegs Gefühle der Entmutigung und Enttäuschung …, sondern daß fast alle mutig, fröhlich und zuversichtlich sind.“ (Hirschfeld (1933): 384) Er nennt auch die zu Gewalt anstachelnde, „gewissenlose Vorspiegelung …, daß die Juden die Araber von ihren Wohnstätten vertreiben wollten“ (Hirschfeld 1933: 382).
Hirschfeld hat sich ebenso mit arabischen Bewohnern getroffen, wovon er im Kapitel „Der arabische Anspruch“ (Hirschfeld 1933: 381 – 384) berichtet.
Sein politisches Ziel in diesem Konflikt formuliert Hirschfeld so: „Gelingt es den Zionisten, ihr Ideal einer nationalen Heimstätte auf historischem Boden auf friedlichem Verständigungswege zur Durchführung zu bringen, so ist damit einer tiefen Wunschvorstellung vieler wertvoller Menschen Genüge geschehen.“ (Hirschfeld 1933: 391) Für seine politische Zielvorstellung ist eine Haltung wichtig, „die zwischen den Völkern nicht den geringsten Wertunterschied macht“ (Hirschfeld 1933: 392), durch die es möglich ist, in einem „solchen Panhumanismus und Kosmopolitismus sich frei als Weltbürger bekennen“ (a.a.O.) zu können.
Hirschfeld nennt im Rückblick seinen Palästina-Aufenthalt einen „Glanzpunkt .., dessen strahlender Leuchtkraft er sich nicht so leicht und schnell entziehen kann.“ (Hirschfeld 1933: 350) Und er fährt fort, dass ihm „von keinem Land der Abschied so schwer fiel wie von Palästina.“ (a.a.O.) Mit merkbaren Emotionen schreibt er, dass ihm „so außerordentlich viel .. die Menschen, die Natur, die Geschichte und die Zukunft dieses Landes bedeuten.“ (Hirschfeld 1933: 361)
Das Angebot, in Palästina seinen „Alterswohnsitz“ (Hirschfeld 1933: 361) zu nehmen, lehnt er vor allem nur wegen der hebräischen Sprache ab. Hirschfeld empfand es als hinderlich für sein wissenschaftliches Engagement und seine Vorträge, angewiesen zu sein auf die „Hilfe von Kollegen .., die meine Ausführungen absatzweise ins Hebräische übertrugen“ (Hirschfeld 1933: 362).
Für Hirschfeld bekommt in Israel seine jüdische Herkunft wieder eine größere innere Bedeutung ebenso wie seine persönlichen Erfahrungen mit antisemitischen Aggressionen. Den Bezug zu – vermutlich auch seinen eigenen – antisemitischen Erfahrungen stellt er mit fast pathetischen Worten her, wenn er davon spricht, es sei Tel Aviv für die eingewanderten „Juden, die der Verfolgung und Verachtung ihrer Geburtsländer müde waren, ein Ort seelischer Entspannung und Befreiung, ihr 'Platz an der Sonne'.“ (Hirschfeld 1933: 363)
Schließlich ist noch eine zukunftsweisende Deutung von Andreas Kraß sehr interessant. Er bezieht sich darauf, dass Hirschfeld beeindruckt schreibt, es sei „Tel Aviv .. in mehr als einer Beziehung ein sehr bemerkenswerter Ort. … die einzige einheitlich jüdische Stadt der Gegenwart; … vom Polizisten bis zum Straßenkehrer und Schornsteinfeger alles Juden.“ (Hirschfeld 1933: 357) Kraß sagt in seinem Podcast über Hirschfelds Aufenthalt in Palästina, man könnte „vielleicht sogar behaupten, dass für Hirschfeld die Außenseitermerkmale, jüdisch und homosexuell zu sein, in gewisser Weise austauschbar waren“.(8) - „Wenn Hirschfeld … Tel Aviv geradezu als utopische Stadt beschreibt, in der alle Einwohner jüdisch sind …, dann beschwört er implizit auch die Phantasie einer ausschließlich homosexuellen Stadt“.(9)
Hirschfeld hielt insgesamt zehn thematische Vorträge (Hirschfeld 1933: 366f) – vor sehr unterschiedlichem Publikum: je zwei Fachvorträge in Tel Aviv(10) und in Jerusalem(11), einen in Haifa, dann für die Öffentlichkeit je einen Vortrag in diesen drei Städten. Schließlich hielt Hirschfeld noch weitere Vorträge für die Öffentlichkeit, aber auf dem Land, und zwar zwei im Kibbuz Bet Alfa(12) östlich von Haifa und – über die zehn hinausgehend – sprach er in deren Nachbarschaft in „abendlichen Vorträgen im Speisesaal von Chefzibah“ (Hirschfeld 1933: 375). Die Themen (Hirschfeld 1933: 367) der Fachvorträge behandelten die Sexualpathologie und -ethnologie. Vor öffentlichem Publikum sprach Hirschfeld in den Städten über: „Die wichtigsten Sexualprobleme unserer Zeit“ und im sozialistischen Kibbuz über „Sexualerziehung und die sowjetrussische Lösung der Sexualfragen“.
Hirschfeld berichtet (Hirschfeld 1933: 365 - 367) von vielen Begegnungen mit Menschen, die Sexualberatung erbaten, von einem Andrang auf seine Vorträge und 230 Fragen, die ihm von der Zuhörerschaft gestellt wurden. Die ihm in Einzelgesprächen vorgetragenen Sexualprobleme erlebte er als fast identisch mit denen in Europa.
Hirschfeld erlebte, dass das sich schon seit Jahren entwickelnde große Interesse an Sexualwissenschaft in Palästina Anfang der 1930er-Jahre einen ersten Höhepunkt erreichte: They "had begun to experiment with radical new forms of living … . Sexual reform was part of this process“ (Bauer 2017: 121). – „Beginning in the 1920s, kibbutz leaders … implemented psychoanalytically informed sex-education measures to try to raise children 'free of bourgeois neuroses.'“ (Leng 2018: 431) Damit entstanden im Kibbuz auch freiere Bedingungen für homosexuelles Leben: a „rise … to ... homoerotic conditions“. (Leng 2018: 433) Obwohl auch der Kibbuz „Ain Charod … stürmisch nach einem Vortrag verlangte“ (Hirschfeld 1933: 367), wo er sich wenigstens einen Vormittag lang aufhielt (Hirschfeld 1933: 376), konnte Hirschfeld dieses große Interesse aus Zeitgründen nicht mehr befriedigen. Einer der führenden Leute von Bet Alfa schrieb würdigend in Hirschfelds Reisebuch: „Dem Vorkämpfer für Befreiung und Erneuerung der Menschheit auf dem Gebiet sexueller Probleme ... eine Erinnerung .. an das Land, in dem ein altes Volk sich befreien und erneuern will, und an eine der Siedlungen, wo man im Rahmen der Regenerationsbestrebungen des jüdischen Volkes die menschlichen Probleme von sozialer Gerechtigkeit ... in persönlicher Lebensgestaltung zu verwirklichen sucht“ (Hirschfeld 1933: 375).
Ähnlich würdigend schrieb Tel Avivs Bürgermeister Me‘ir Dizengoff in Hirschfelds Reisebuch, von dem er im Rathaus empfangen wurde: „Möge Dr.Hirschfeld, der sein Leben der Erneuerung des menschlichen Geschlechts gewidmet hat, uns mithelfen bei der Erneuerung unseres Volkes, und möge der den Aufbau Israels und seines Landes mit eigenen Augen schauen. “ (Hirschfeld 1933: 363).
Hirschfeld erlebte aber aber nicht nur Interesse an der Theorie der Sexualität, sondern praktisches Experimentieren mit Sexualreformen und neuen Formen von Sexualität. Schon am Strand von Tel Aviv, seiner ersten Station, erkannte er bei den jungen Leuten befreite Sexualität: Es „spricht aus ihnen soviel Lebenslust, Lebenskraft und Lebensbejahung, daß die unterbewußt vom Erotischen ihren Ausgang nehmenden Verkrampfungen und Minderwertigkeitsgefühle, die man in diesem Alter sonst so häufig findet, überwunden zu sein scheinen.“ (Hirschfeld 1933: 356)
In Bet Alfa und den benachbarten Kibbuzim auf dem Land machte er ähnliche Beobachtungen. Allgemein gesprochen war für ihn der Aufenthalt in den Kibbuzim ein lehrreiches Anschauungsbeispiel für die „nahen Beziehungen zwischen sexuellem und sozialem Gemeinschaftsleben“ (Hirschfeld 1933: 368). Zunächst einmal erfreute ihn beim abendlichen Tanzen der Hora, dass Männer und Frauen sich ganz unverkrampft und gleichberechtigt nahekommen: „Hier aber traten bald Mädchen, bald Männer in den Kreis, beide Geschlechter waren fast gleichmäßig 'in bunter Reihe' beteiligt.“ (Hirschfeld 1933: 377) Da der sozialistische Kibbuz die gesamte materielle Versorgung seiner Mitglieder übernimmt, stellte Hirschfeld erfreut fest, dass dort „die Gründe einer ehelichen Verbindung mehr auf dem Gebiet rein erotisch-biologischer Anziehung, echter gegenseitiger Zuneigung, als in den äußeren Motiven einer 'guten Partie'“ (Hirschfeld 1933: 373) liegen. Auch die Entscheidung über eine Ehescheidung ist von äußeren Zwängen befreit, z.B. dem „Streit um das Kind“ (Hirschfeld 1933: 371) und um sein Wohlergehen, weil dafür die Kibbuzgemeinschaft auch weiterhin sorgen wird. Zusammenfassend betont er, dass ihn „die hier zum ersten Male gesehene Verwirklichung der Theorie: 'Kinder sind Sache der Gemeinschaft, Ehe ist Privatangelegenheit', … als Sexualforscher brennend interessierte.“ (Hirschfeld 1933: 374)
Hirschfelds Begeisterung über diese und alle ähnlichen Beobachtungen hat sicher auch damit zu tun, dass er hier die „Verwirklichung der Theorie“, also manche Ziele seiner sexualwissenschaftlichen Theorien schon praktisch realisiert sehen konnte – durchaus im Unterschied zum damaligen Deutschland.
Hirschfeld machte auch eine interessante Erfahrung, die seinem „Panhumanismus“ (Hirschfeld 1933: 392) entspricht: Seine öffentlichen Vorträge in den drei Städten wurden gemeinsam organisiert von „der Kulturkommission der palästinensischen Arbeiterschaft in Verbindung mit der jüdischen Arbeiterjugend“ (Hirschfeld 1933: 367). An erstere gingen die Eintrittsgelder der Vorträge. Sexualität und Sexualwissenschaft kann also zu einer friedensstiftenden, menschen-verbindenden Klammer werden, selbst zwischen Gruppen, die gerade im Konflikt stehen – wie Juden und Araber in Palästina 1932: „the cultural commission of Palestine working men, which young Jews had been able to join. He must have been comforted that the working class had not yet been split up by Arab-Jewish antagonism.“ (Wolff 1986: 356)
Die Zeitung Do‘ar HaYom veröffentlichte Seite 2 unten am 1.3.1932 ein mit Hirschfeld geführtes Interview über Fragen der
Sexualität: "Gespräch mit Professor Magnus Hirschfeld" (hebr.).
Neben dem von Yossi Berlin verfassten Nachruf(13) in der Zeitung Dawar gibt es
noch einen zweiten in der Palestine Post vom 20.5.1935.(14)
Die positiven sexualemanzipatorischen Entwicklungen in Israel, die oben schon beschrieben wurden und die Hirschfeld 1932 beobachten konnte, entfalteten sich weiter. Hirschfeld dürfte hierzu durch seinen Israelbesuch, seine Vorträge und persönlichen Begegnungen einen wichtigen Beitrag geleistet haben: „a lively interest in sexology .. he also succeeded in turning this interest into a contribution to the development of the new Jewish homeland. It was one of the last tangible contributions Hirschfeld was able to make anywhere.“ (Haeberle (1982): 305) Als Folge davon wurden seit "der Staatsgründung Israels 1948 ... homosexuelle Handlungen ... nie sanktioniert. Im Sinne einer aus den 1920er Jahren stammenden starken sexualemanzipatorischen Bewegung um Magnus Hirschfeld und Chaim Berlin wurden diese als Privatsache angesehen.“ (Pohl 2018b: 22f)
Auf dem 2013 vor dem queeren Zentrum in Tel Aviv errichteten Denkmal für die queeren Holocaust-Opfer (S.o. Aufsatz A, Kap 4.1..) wird neben wenigen anderen Personen Markus Hirschfeld erwähnt und mit folgenden Worten auch in Englisch gewürdigt: "Most prominent target for Nazi assaults against Jewish homosexuals was Magnus Hirschfeld, whose research institute was demolished by Nazi goons."
Anlässlich des Gay Pride in Tel Aviv hat Rachel Druck am 12. Juni 2019 auf dem Blog der Website des bedeutenden und 2021 nach der Groß-Renovierung wieder eröffneten Museums of the Jewish People – Anu (früher Diaspora-Museum Beit HaTfutzot) in Tel Aviv) Magnus Hirschfeld in einem Artikel gewürdigt: „Pride and Prejudice: The Jewish Doctor Who Fought for LGBT Rights Over a Century Ago“.(15) In der ständig wachsenden Genealogie jüdischer Menschen, die dieses Museum pflegt, ist Magnus Hirschfeld dadurch ehrend hervorgehoben, dass nicht nur sein Name eingetragen ist, sondern zusätzlich eine Würdigung seiner Verdienste mit dem Kernsatz: „His main work was sexual research, especially into homosexuality.“(16)
Die Ausstellung des Haifa City Museums "‘What Will The Neighbours Say?‘ Queer Life in Haifa 1932 – 2007“(17), die vom 27.2.2021 bis 31.3.2022 geöffnet ist (S.o. Aufsatz A, Kap 4.3..), ehrt Magnus Hirschfeld dadurch, dass der dargestellte Zeitraum mit dem Jahr 1932, dem Jahr des Aufenthalts von Magnus Hirschfeld in Haifa, beginnt.Bauer, J. Edgar (2004): „Ahasverische Unruhe“ und „Menschheitsassimiliation“: Zu Magnus Hirschfelds Auffassung vom Judentum. In: Kotowski, Elke-Vera; Schoeps, Julius H. Hrsgg.: Der Sexualreformer Magnus Hirschfeld. Ein Leben im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Berlin: be.bra wissenschaft verlag: 271-291
Bauer, Heike (2017): The Hirschfeld Archives. Violence, Death and Modern Queer Culture. Philadelphia/Rom/Tokio: Temple University Press
Dose, Ralf (2005): Magnus Hirschfeld. Deutscher – Jude – Weltbürger. Teetz: Hentrich & Hentrich Verlag
Dose, Ralf. Hrsg. (2013): Magnus Hirschfeld. Testament. Heft II. Berlin: Hentrich & Hentrich Verlag
Haeberle, Erwin (1982): The Jewish Contribution to the Development of Sexology. The Journal of Sex Research, 18, Nr.4 (November 1982), S. 305-323
Hirschfeld, Magnus (1933): Die Weltreise eines Sexualforschers. Brugg: Bozberg-Verlag
Hirschfeld, Magnus (1935): „Phantom Rasse. Ein Hirngespinst als Weltgefahr“, 11.Fortsetzung. Die Wahrheit (Prag), 14, Nr.5
Leng, Kirsten (2018): The Limits of Transnationalism. The Case of Max Marcuse. In: Fuechtner u.a.. Hrsgg.: A Global History of Sexual Science, 1880 – 1960. Oakland (California): University of California Press: 422-443
Mancini, Elena (2010): Magnus Hirschfeld and the Quest for Sexual Freedom. A History of the First International Sexual Freedom Movement. New York: Palgrave Macmillan
Nordau,Max (1909): Meine Selbstbiographie.. In: ders. (1923): Zionistische Schriften. 2.Auflage. Berlin: Jüdischer Verlag: 484-486
Pohl, Sarah (2018): Rechtliche Situation. Legal Situation. In: Pester, Nora. Hrsg.: Queer in Israel. Berlin/Leipzig: Hentrich & Hentrich: 22-27
Wolff, Charlotte (1986): Magnus Hirschfeld. A Portrait of a Pioneer in Sexology. London/Melbourne/New York: Quartet Books
Ziffer, Benny (2009): Ziffer und die Seinen (übersetzt von Lemke, Markus). Hamburg: Männerschwarm Verlag.
Rezension des Buches: Graham, Garrett: THE GAY STATE. The Quest for an Independent Gay Nation-State and What it Means to Conservatives and the World’s Religions, iUniverse-Verlag, 3. überarb. Aufl. New York/Bloomington 2010, 284 Seiten, 26,95 €
Seit dem Stonewall-Aufstand in New York 1969 gab es immer wieder – bisher gescheiterte – Versuche, eine eigene queere Gesellschaft mit staatlichen Strukturen(1), einen eigenen queeren Staat(2) zu errichten, interessanterweise vor allem in angelsächsischen Staaten wie den USA und Australien, deren Gesellschaften noch stark vom erst 200 Jahre alten Gründungsmythos geprägt sind.
So ist auch Garrett Graham (Jahrgang 1959) US-Amerikaner. Er bezieht sich ausdrücklich auf diese Gründergeschichten (S.22, einschließlich der Gründung des modernen Israel (s.u.)) und hat nun als erster überhaupt einen Entwurf für einen queeren Staat vorgelegt.
Grundlegende Motivation für Grahams Staats-Vision ist seine Behauptung, dass Unterdrückung und Bedrohung von Queers eine jahrtausendealte, bleibende Erfahrung(3) sind und universale, nachhaltige Emanzipation, Gleichberechtigung und Akzeptanz nicht erreichbar sind, sondern nur besondere Glücksfälle zeitlicher und räumlicher Inseln darstellen.(4) So widmet er das gesamte 6.Kapitel der Verfolgungsgeschichte von Queers und zählt die aktuelle diskriminierende Gesetzgebung in der Mehrzahl der Staaten weltweit auf. Wer dieses pessimistische Urteil nicht teilt, wird alle weiteren Überlegungen Grahams zu einem queeren Staat nur schwer teilen können.
Genau deshalb setzt sich Graham auch ausdrücklich gerade mit den queeren Gegnern seines Projektes auseinander und kritisiert, dass sie sich mit Diskriminierungen resigniert abgefunden haben(5) und dabei selbstgefällig mit ihrem persönlichen Wohlstand zufrieden sind.
Unter vielen Vorbildern für seine Ideen hebt Graham Theodor Herzls Schriften besonders(6) hervor, den Impuls- und Ideengeber für die Neugründung des Staates Israel(7), der genau wie er viele Gegner in seiner eigenen Minderheitengruppe hatte. Interessanterweise entdeckt Professor Andreas Kraß in Magnus Hirschfelds Bericht über seine Israelreise im Jahr 1932 in Hirschfelds dortiger Bewunderung der mehrheitlich jüdischen vorstaatlichen Gesellschaft im Land Israel dessen Hoffnung auf eine mehrheitlich queere Gesellschaft in der Zukunft.(8)
Die erste konkrete Frage betrifft das Staatsgebiet, das natürlich rechtmäßig gekauft werden soll(9). Graham nennt als mögliche Orte einige dünnbesiedelte Gebiete wie den Norden Brasiliens oder unbewohnte Inseln in der Karibik, beides Teile des amerikanischen Kontinents, auf dem auch der Autor wohnt. Als dritte Möglichkeit nennt er arme Länder, die ein Interesse daran haben können, einen Teil ihres Staates an Menschen zu verkaufen, durch deren wirtschaftlichen Erfolg ihre eigene Entwicklung vorangebracht wird. (S.64f)
Er strebt nicht eine Form von Autonomie an, sondern einen souveränen queeren Staat, „following all diplomatic protocol and international standards“ (S.165).
Erst auf der Grundlage dieser vollen Souveränität sollen Queers in den neuen Staat einwandern (S.63). Zuallererst dürfen die verfolgten („living in despair“ (S.61)) und vom Leid gezeichneten Queers kommen. Gleichzeitig mit ihnen wandern die "Patriots" ein, die die Grundlagen des neuen Staates legen und ihn aufbauen.(10)
Da im Englischen das Wort „gay“ nicht nur die Schwulen bezeichnet, sondern auch eine weitere Bedeutung im Sinne von „queer“ für Angehörige irgendeiner sexuellen Minderheit hat, so können Bürger dieses Staates werden: „Gays, Lesbians, Bisexuals, and Transgender People“ (S.136)
Die doppelte Staatsbürgerschaft soll möglich sein, so dass man auch den Hauptwohnsitz in seinem Herkunftsland behalten kann. (S.45) So ist es nicht Grahams Ziel, dass alle Queers einmal in diesem einen queeren Staat leben, sondern dass möglichst alle Queers weltweit diesen Staat unterstützen.
Der queere Staat soll zuallererst ein Rettungshafen für verfolgte Queers sein, die sonst nirgends Zuflucht finden („the countless lives that could have been saved and countless others immeasurably improved!“ (S.236)). Dass letztlich nur ein queerer Staat Asyl für verfolgte Queers garantiert, scheint die gerade aktuelle restriktive Flüchtlingspolitik gegenüber Queers zu unterstreichen, deren Asylanträge teilweise abgelehnt werden mit der Begründung, sie könnten eine Verfolgung in ihrem Heimatland leicht umgehen: „Wer seine Neigung versteckt, vermeidet Repressionen.“(11)
Ein Grundanliegen von Graham, das sich auch in der Gründung des queeren Staates zeigen soll, ist die Förderung von Selbstbewusstsein und Stolz der Queers („the sense of pride our new members will feel for their Gay State“ (S.83)). Deshalb widmet er ein ganzes Kapitel den Queers, die große Bedeutung in der Weltgeschichte erlangten.
Da es Queers in jedem Land der Welt gibt, wird der neue queere Staat absolut multikulturell sein.(12) Der Staat wird vielsprachig sein – mit besonderer Bedeutung des Englischen und Chinesischen. (S.152f)
Graham geht davon aus, dass Queers genügend Eigenschaften verbinden, um eine Nation zu bilden: „We are one People“.(13)
Graham betont die besondere, doppelte Diskriminierung von Lesben als Queers und als Frauen und plant deshalb ein speziell für Frauen reserviertes Gebiet im queeren Staat: Sappho Island (S.155).
Nicht-Queers dürfen als Minderheit in diesem Staat leben (S.29). So werden auch – mehrheitlich heterosexuelle - Kinder als neue Bürger in diesem Staat geboren werden. Der Staat wird also nur durch eine ständige queere Einwanderung seinen queeren Charakter behalten.
Der praktische Aufbau des Staates soll von der "Society of Gays" und die Organisation der Wirtschaft von der „Homotannia Land Company“ (S.60) durchgeführt werden, wobei „Homotannia“ (angelehnt an „Britannia“) nur einer der möglichen Namen für den neuen Staat ist. (S.143)
Graham macht recht detaillierte Angaben zu den Strukturen des neuen Staates (vor allem S.146-167).
Die Verfassung beruht grundlegend auf dem Recht der Gleichheit, die wiederum Basis für die demokratische Struktur ist. (S.150f).
Da der Autor beruflich in der freien Wirtschaft tätig war, befasst er sich mit den wirtschaftlichen Strukturen bei der Vorbereitung („Aktiengesellschaft“) und dem Aufbau des Staates besonders intensiv, bei denen die „Gay Holding Company“(S.46) und das „Gifting and Fundraising Department“ (S.138) eine wichtige Rolle spielen.
Schon im Titel erwähnt, werden die Religionen in diesem Buch besonders ausführlich behandelt, zunächst mit ihrem homophoben Einfluss(14) in der Vergangenheit und Gegenwart, wobei er „Muslim fundamentalists“ und den „self-righteous Christian“ besonders erwähnt (S.11). Sodann betont Graham den möglichen positiven Beitrag von Religion in einem queeren Staat, sofern sie von Toleranz und Liebe geprägt ist.(15) Graham verwendet häufiger (oft implizit) religiöses Vokabular ("we are perfect in God's eyes" (S.52) - „The Gays have dreamt of this vision of peace all through the long nights of their history.“ (S.45) - „the Promised Land for the global Gay community“ (S.76)).
Als Flagge ist natürlich die Regenbogenflagge vorgesehen. (S.164)
Der Staat soll weltpolitisch neutral sein, aber eine Armee mit Wehrpflicht und Milizsystem nach Schweizer Vorbild haben, geprägt von einer „fierce determination to defend our borders“.(16)
Die 1.Auflage des Buches erschien 2007 und war ein Impuls für den noch 2007 stattfindenden 1.Kongress der „Gay Independence Movement in New York, gefolgt vom 2.Kongress 2009 auf Fire Island im Großraum New York. Im selben Erscheinungsjahr wie diese 3.Auflage fand 2010 in Amsterdam ein 3.Kongress statt, der bisher aber nicht zum nächsten Schritt, der Entstehung einer pionierhaften Gründergesellschaft „Society of Gays“ (s.o.) führte (S.136).
Das Buch ist nur in englischer Sprache erhältlich.
Dieses verständlich geschriebene Buch behandelt eine unkonventionelle Idee, um das (queere) Leiden in dieser Welt zu verringern. Gerade Queers sind bekannt für das Experimentieren mit neuen Lebensformen, so dass eine Auseinandersetzung mit dem Buch für den gesellschaftlich engagierten Queer in jedem Fall anregend ist.
Die Überlegungen können auch Politologen zu einem neuen Nachdenken über den Nationenbegriff anregen.
Kritik wird sich entweder - bei grundsätzlicher Bejahung eines queeren Staates - an konkreten, einzelnen Vorschlägen entzünden (z.B. Wirtschaftssystem, Armee, Gebiet des neuen Staates) oder allgemeiner an der Frage, ob Queers genügend Gemeinsamkeiten für ein Staatsvolk oder eine Nation aufweisen.
Oder sie wird zu einer grundsätzlichen Ablehnung eines queeren Staat führen. Diese grundsätzlichste Frage, wieweit die Gründung eines queeren Staates an sich hilfreich für Queers weltweit ist oder im Gegenteil schädlich und kontraproduktiv, wird auch von der jeweiligen Prognose abhängen, wie nachhaltig die aktuell noch zunehmende queere Akzeptanz in immer mehr Staaten der Welt sein wird.
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Stand: 22. Oktober 2022
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